Mein Rosengarten

 

Ein Rosengarten der Superlative –
ein Garten für soziale Zwecke

Laufen lernte ich in einem großen Garten, einem richtigen Familiengarten. Den grünen Daumen hat mir meine Mutter vererbt. Mein eigener Garten nahm 1982 Gestalt an. Damals kauften wir ein Haus auf einem 600 m² großen Grundstück. Der Vorbesitzer hinterließ uns nur ein Erdbeerfeld und einige Obstbäume. Wie mein Garten auszusehen hatte, wusste ich sofort. Ein im richtigen Maßstab konstruiertes Pappmodell diente mir als Vorbild. Es sollte ein romantischer Garten werden, mit geschwungenen, in Buxus und Stein gefassten Beeten – eine duftende, grüne Oase mitten in der Stadt.

Das erste Beet formte ich an der Garage. Ab 1984 fasste ich die äußeren Beete mit Backsteinen und die inneren Beete mit Pflastersteinen ein. Teilweise pflanzte ich Buxus oder Euonymus dazu. Die Pflanzen dafür zog ich selbst. Die Wege und Plätze pflasterte ich nach und nach in einem Blumenmuster. Die Steine dazu sammelte ich nicht selten im Urlaub. 1983 wurde eine große Terrasse mit einem Hang an der Ostseite und einer Sandsteinmauer an der Südseite gebaut. Drei Treppen führten in den Garten. Weil dort keine Rose stand, pflanzte ich sofort eine, dann weitere. Im April 1986 pflasterte ich den Grasweg, der dort vorbeischlängelte. Der angrenzende Platz wurde zwei Jahre später fertig. Insgesamt strapazierte ich meine Knie und Hände dafür fünf Jahre lang. Zwischendurch restaurierte und strich ich immer wieder Rosenständer, Rankhilfen, Staudenhalter und Stäbe. Den Winter 1998/99 verbrachte ich damit, 19 Zaunteile und Pfosten weiß zu streichen und gegen den alten Drahtzaun an der Südseite auszutauschen. Im Laufe der Zeit ließ ich mehrere Bäume fällen, auch einen Kirschbaum. Dort steht jetzt ein Brunnen. In der Höhe wurde die Lücke mit einer selbst gebauten Garagendachkonstruktion verdeckt, die heute üppig bewachsen ist. Man kann dort hinaufsteigen und den Garten von oben bewundern. Im Oktober 2003 ließ ich den Terrassenhang wieder abtragen und eine Sandsteinmauer mit Rundtreppe setzen, die mitten in den Garten führt. Den Weg davor pflasterte ich im darauffolgenden Frühjahr. Im Herbst 2005 ließ ich den durchwurzelten Rasen im Vorgarten durch Klinkerpflaster austauschen. Im Herbst 2007 wurde dort auch die große Scheinzypresse durch eine Ölweide auf Stamm ausgetauscht. Von Oktober 2006 bis Mai 2007 restaurierte ich alte Fensterrahmen mit Flügeln aus dem klassizistischen Palais Verna in Rüsselsheim. Sie stehen jetzt auf Klinkersockeln vor einer Efeuwand.

Die formale Gestaltung des Gartens blieb stets unverändert, nur die Bepflanzung wechselte. Vor allem wegen meiner wachsenden Leidenschaft für Rosen. Derzeit habe ich weit über 250 Rosenstöcke in 200 verschiedenen Sorten. Historische Rosen, Rambler, Englische Rosen, Romantika-Rosen, Kletterrosen, Beetrosen, Bodendeckerrosen und Edelrosen kombinierte ich mit blühenden Sträuchern und Bäumen, Clematis aller Sorten, anderen Kletterpflanzen und Stauden. Ein Apfelbaum, große Eiben, Kübelpflanzen und eine Unmenge Blumenzwiebeln geben eine Blüte von Frost zu Frost. Außerdem gibt es viele Formschnitte aus Buxus, Euonymus, Taxus und Laurus nobilis. Zwei Pavillons, etliche Rosenbögen und einige Skulpturen vervollständigen das Bild.

Angeregt durch eine Englandreise öffnete ich 1993 meinen Garten zum ersten Mal für die Öffentlichkeit. Meine Aktion löste im Laufe der Jahre in Hessen eine Welle von Initiativen für „Offene Gärten“ aus. Bis 2010 lud ich dann jedes Jahr zu einem „Rundgang durch meinen Rosengarten“ ein. Ich bat jedes Mal um Spenden, die ich bis 2004 ausschließlich an bedürftige und begabte junge Menschen in unserer ungarischen Partnerstadt weitergab. Später unterstützte ich auf diese Weise mehrere soziale und kulturelle Projekte vor Ort.

Seit Januar 2001 bin ich Mitglied in der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V. – Zweig Rhein-Main. Um auch in Rüsselsheim die Gartenkultur zu fördern, initiierte und organisierte ich von 2005 bis 2009 den „Rüsselsheimer Gartenspaziergang“, der bis 2012 durchgeführt wurde.

Mein jahrzehntelanges Gartenabenteuer, dokumentiert in vielen Ordnern mit Fotos, Berichten, Gästelisten usw., habe ich nie bereut. Der Garten gibt mir mehr zurück, als ich ihm gegeben habe.

Anne Reinig